In Kürze am 26. September 2021 findet die nächste Bundestagswahl statt. Jeder hat für die Zeit danach andere Erwartungen, die natürlich auch davon abhängig sind, welche politischen Kräfte Deutschland in den vier Jahren nach der Bundestagswahl führen werden. Selten war der Ausgang einer Bundestagswahl so offen wie im Jahr 2021. Im Vorfeld dieser Wahl fluktuierte die Prognose für die CDU/CSU, SPD und Grüne teilweise um 10%
Eine Frage, die sich einige Börsenteilnehmer stellen, ob die Bundestagswahlen einen erkennbaren Einfluss auf den Deutschen Aktien-Index DAX haben, möchte ich mit diesem Artikel untersuchen.
Der deutsche Aktien-Index DAX wird seit 1988 berechnet und wurde rückwirkend am 31.12.1987 auf 1000 Punkte normiert. Es lassen sich durch Rückrechnungen auch frühere „DAX“-Stände ermitteln.
Beginnend mit der Bundestagswahl im Jahr 1972 habe ich mir die Entwicklung des DAX im darauffolgenden halben Jahr angeschaut.
Schauen wir uns zunächst die Bundestagswahlen seit 1972 an. In Fettdruck der gewählte Bundeskanzler, daneben der jeweilige Herausforderer, in Klammern die Partei, die den Bundeskanzler stellte.
19.11.1972 Rainer Barzel Willy Brandt (SPD)
03.10.1976 Helmut Kohl Helmut Schmidt (SPD)
05.10.1980 Franz Josef Strauß Helmut Schmidt (SPD)
06.03.1983 Helmut Kohl Hans-Jochen Vogel (CDU)
25.01.1987 Helmut Kohl Johannes Rau (CDU)
02.12.1990 Helmut Kohl Oskar Lafontaine (CDU)
16.10.1994 Helmut Kohl Rudolf Scharping (CDU)
27.09.1998 Helmut Kohl Gerhard Schröder (SPD)
22.09.2002 Edmund Stoiber Gerhard Schröder (SPD)
18.09.2005 Angela Merkel Gerhard Schröder (CDU)
27.09.2009 Angela Merkel Frank-Walter Steinmeier (CDU)
22.09.2013 Angela Merkel Peer Steinbrück (CDU)
24.09.2017 Angela Merkel Martin Schulz (CDU)
Wie entwickelte sich nun der DAX in den nachfolgenden 6 Monaten („DAX“ vor 1988 in Anführungszeichen)?
Als Ergebnis verzeichnete der DAX in dem halben Jahr nach einer Bundestagswahl viermal einen Verlust, zweimal keine signifikante Veränderung und in sieben Fällen stiegen die Kurse an.
Im Durchschnitt aller dreizehn Fälle, die natürlich noch nicht statistisch signifikant sind, ergibt dies einen DAX-Anstieg von rund 4% in den folgenden sechs Monaten.
Ob die Mehrheit der Kursbewegungen jeweils eine Folge der Ergebnisse der Bundestagswahlen waren, muss jedoch bezweifelt werden. Vielmehr sind übergeordnete Themen der globalen Finanzmärkte und zum Beispiel Zinsentscheidungen der großen Notenbanken ausschlaggebender. Der Einfluss der Bundesregierung auf die globalen Entwicklungen sind zu gering als das sie die Aktienkurse der im DAX enthaltenen Unternehmen (die oft über Deutschland hinaus global agieren) nachhaltig beeinflussen. Ein größerer Zusammenhang lässt sich eher zwischen DAX und dem US-Leitindex S&P 500 erkennen. Und ob sich die US-Wirtschaft von den Ergebnissen einer Bundestagswahl beeinflussen lässt, ist ziemlich unwahrscheinlich.
Allerdings kann eine markante Änderung in der Zusammensetzung des Regierungslagers die Entwicklung des Deutschen Aktienindex zumindest in untergeordnetem Maße beeinflussen. Die wohl größte Veränderung gab es beim Regierungswechsel 1998 als „Rot-Grün“ unter der Leitung von Gerhard Schröder „Schwarz-Gelb“ ablöste. Daraufhin verlor der DAX vorübergehend überdurchschnittlich stark. Während er rund 15% verlor, gab der „große Bruder“ aus den USA, der Dow Jones Industrial Average lediglich 5% nach.
Trotz dieser vorübergehenden Verluste war diese Zeit von einer übergeordneten Hausse dominiert, die vor allem mit dem aufkeimenden Internetboom begründet war. Wie oben erwähnt, konnte der DAX im folgenden halben Jahr etwa 4% Kursanstieg verzeichnen, während der Dow Jones satte 37% zulegte. Diese markante Underperformance des DAX dürfte zumindest zum Teil auch an der Unsicherheit der Investoren gelegen haben, ob die neue rot-grüne Regierung größere Änderungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik vornehmen würde oder nicht.
Auch in diesem Jahr könnte der Wahlausgang zumindest deutliche Verunsicherung an der Börse bringen. Denn dreieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl wäre eine Koalition aus SPD, Linke und Grüne (Rot-Rot-Grün) durchaus wahrscheinlich. Diese Kombination dürfte nicht nur für die Unternehmen in Deutschland, sondern auch für Geldanleger (Aktien, Immobilien, wahrscheinlich auch Gold) für deutlich unruhigeres Fahrwasser sorgen. Nicht zuletzt deshalb, da alle drei Parteien Steuererhöhungen eingeplant haben und hier werden Aktien- und Immobilienbesitzer ziemlich sicher mit einer höheren Steuerlast oder zusätzliche Gebühren belastet. Auch das Thema Enteignung beim Immobilienbesitz wurde z.B. in der Zeit während des Rot-Rot-Grünen Senats in Berlin immer mal wieder thematisiert.
Auf der andere Seite ist eine mehr wirtschaftsorientierte Politik (damit auch anlegerfreundlicher) bestehend aus CDU/CSU und FDP (ggf. ergänzt durch die AfD) nach derzeitigen Wahlumfragen nicht möglich bzw. sehr unwahrscheinlich.
Wahrscheinlich würde eine unionsgeführte Regierung mit Grünen oder SPD als Koalitionspartner an der Börse am wenigsten zu merken sein.
Neben der Wirtschaftspolitik spielen auch noch einige andere Themen so kurz vor der Wahl eine wichtige Rolle für viele Bürger, wie beispielsweise die Flüchtlings- und Migrationspolitik (nicht zuletzt wegen der aktuellen Ereignisse in Afghanistan) oder die noch immer vorhandenen Grundrechtseinschränkungen im Rahmen der Corona-Politik. Alleine diese beiden großen Themen haben das Potenzial bis zur endgültigen Wahl noch einmal für große Veränderungen bis zum endgültigen Wahlausgang zu sorgen.
Der Einfluss der Bundestagswahl auf die deutschen Aktienkurse scheint generell gering zu sein. Globale Finanzthemen oder Leitzinsentscheidungen von der FED oder EZB sind in der Regel für die Finanzmärkte von größerer Relevanz. Gerade in diesem Gebiet könnten in den kommenden Monaten neue Weichen gestellt werden.
Lediglich bei sehr drastischen (oder auch überraschenden) Regierungswechseln kann dies zumindest temporäre Auswirkungen auf den DAX haben – dieses Jahr 2021 hätte definitiv das Potenzial dazuzugehören. Wobei weniger wahrscheinlich eine zum globalen Aktien-Trend gegenläufige Entwicklung aufträte, sondern dann eher eine Trendbeschleunigung oder Trendabschwächung im Vergleich zu globalen Kapitalmarktbewegungen zu erwarten wäre.
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