Aktien kaufen für Anfänger – Einmalzahlung oder schrittweise investieren?
Aktien kaufen für Anfänger – lieber Einmalzahlung oder besser nur schrittweise investieren? Eine Frage, die mir von Bekannten und Kunden beim Einstieg in Aktien oder Aktien-ETF immer gestellt wird, und die auch bei Anlegern oft diskutiert wird. Blog-Leser, die bereits länger dabei sind, kennen meine Meinung dazu.
In den letzten zwei Wochen hatte ich die Gelegenheit, mich mit einigen Aktionären, die bereits ebenfalls lange an der Börse aktiv sind, über dieses Thema auszutauschen. Diejenigen, die schon mindestens eine größere Krise miterlebt haben, sind sich bei dieser Frage ziemlich einig. In diesem Artikel werde ich beide Varianten des Investierens kurz vorstellen und dabei auch den Grund für diesen großen Konsens unter langjährigen Aktionären nennen.
Die Einmalzahlung – das vorhandene Kapital sofort komplett investieren
Viele Jahre gespart, Geld geparkt oder irgendwie zu einer größeren Geldsumme gekommen. Das ist die Ausgangssituation. Jetzt ist der Entschluss gereift, einen größeren Teil des Kapitals oder alles in Aktien oder Aktien-ETFs zu investieren. Die Auswahl der Aktien oder Aktien-ETFs steht auch schon fest und nun stellt sich die Frage, wie fängt man an zu investieren?
Wie man die Auswahl von Aktien bestimmt, hatten wir im Artikel „Sechs Möglichkeiten, um erfolgreich Aktien kaufen zu können“ besprochen. Wie man in Aktien-ETFs investieren kann, haben wir ausführlich in der Artikelserie „Aktien-ETFs aus aller Welt“ erläutert.
Nun gehören zu den größten Sorgen (ganz besonders ausgeprägt in Deutschland) eines Anlegers die Schwankungen des Kapitalmarktes. Geht man bei einer Aktien oder einem Aktien-Index auf Stunden- oder gar Minutenebene hinunter, erweist sich jeder Tag als ziemlich aufregende Achterbahnfahrt. Je größer die Zeitebene gewählt wird, desto „glatter“ sieht der Chart von Aktien, erst recht von großen Aktien-Indizes aus. Also hilft ein längerfristiger Blick, die Aufregung der kurzfristigen Schwankungen auszublenden.
Es geht doch aufwärts, warum überhaupt diese Frage?
Auf globaler Ebene kann der Aktienmarkt in einer Historie von weit über 100 Jahren eine durchschnittliche jährliche Rendite von 8% vorweisen. Selbst wenn es in den nächsten 30 Jahren „nur“ 6 oder 7% sein sollten, scheint der generelle Trend klar, nämlich aufwärts.
Wenn ich als Aktien-Einsteiger nun nicht alles sofort investiere, geht mir doch Gewinn verloren, da im Durchschnitt doch rund 8% Rendite in Aussicht sind. Daher ist es aus mathematischer Sicht nahe liegend alles Kapital auf einmal zu investieren. Denn wenn der Erwartungswert bei etwa 8% p a. liegt, dann könnte ein Einsteiger am Ende des ersten Jahres vielleicht sogar mit 10, 15 oder 20% Rendite dastehen. Und selbst wenn es im ersten Jahr nur einige wenige Prozent sein sollten, ist es immer noch besser, als wenn größere Ersparnisse quasi unverzinst auf dem Tagesgeldkonto herumgelegen hätten.
Was ist, wenn der Markt doch mal einige Zeit negativ tendiert?
Dennoch gibt es für einigen Monate, manchmal auch wenige Jahre die Zeiten, in denen Aktien an Wert verlieren. Nicht selten erfolgt nach einiger Zeit eines langsamen Kursrückgangs ein regelrechter Kursrutsch innerhalb relativ kurzer Zeit. Plötzlich stellt man als Anleger fest, dass der Aktienmarkt 20, 30 oder 50% an Wert verloren hat. Die großen Aktien-Indizes haben von 2000 bis Anfang 2003 oder 2008/2009 rund 50% an Wert verloren.
Jetzt sieht unser frischer Anleger, dass aus seinen 100.000 Euro nur noch 50.000 Euro als Depotwert verfügbar ist. Oder von seinen 300.000 Euro steht jetzt der Wert 150.000 Euro in seinem Depot. Als wäre dies nicht schon schlimm genug, prasseln jetzt von überall her düstere Nachrichten auf ihn ein. „Es wird alles noch viel schlimmer“, „eine Kernschmelze des Finanzsystems steht bevor“ oder „die Welt geht quasi unter“.
Alles nur blühende Phantasien eines Blog-Schreibers? Mitnichten. 2008 zur Zeit der Finanzkrise war ich ziemlich gut investiert und konnte genau dieses beschriebene Szenario live miterleben. Obwohl ich mir alle Vernunft in Erinnerung brachte, alle Wahrscheinlichkeiten der Mathematik noch einmal durchspielte, musste ich schon ziemlich beißen, um diese Situation in solch einem negativen Nachrichtenumfeld nervlich durchzustehen.
Aus vielen Gesprächen mit Menschen, die während des neuen Marktes oder während der Finanzkrise investiert waren, weiß ich, dass diese nervliche Belastung die meisten Leuten nicht ertragen und verkaufen ihre Aktien, um endlich wieder von dieser Anspannung befreit zu sein. Oft passiert dies in der Nähe von bedeutenden Tiefpunkten, so dass die Verluste auch besonders groß sind.
Das vorhandene Kapital schrittweise investieren
Obwohl bereits ein gewisser Geldbetrag verfügbar ist, wird das Kapital in Intervallen investiert. Jeden Monat oder jedes Quartal wird eine vorher bestimmte Summe in den Markt investiert. So wird für beispielsweise ein bis zwei Jahre verfahren. Bei sehr großen Summen bietet sich auch ein noch etwas längerer Zeitraum an.
Was kann währenddessen passieren?
In einem Bullenmarkt steigen die Kurse mehr oder weniger schnell an und die Käufe von Aktien bzw. Aktien-ETFs werden im Laufe der Zeit teurer. Dennoch geht es fast nie geradlinig aufwärts und zumindest kleinere Rücksetzer sind auch hier mit dabei. Das hat den Vorteil, dass man sich als Einsteiger schon mal emotional an Kursschwankungen gewöhnen kann. Ich kann mit einem Einsteiger noch so lange und ausführlich besprechen, dass Aktien als langfristige Anlage zu sehen sind, jedes Mal habe ich spätestens nach ein oder zwei Wochen erstes Feedback erhalten, dass die gekauften Aktien schon 1% angestiegen oder 1% gefallen sind. 🙂 Es ist durchaus menschlich, sich die Kursbewegungen auch als Anfänger erst einmal anzuschauen.
Welches Szenario tritt aber mit einer hoher Wahrscheinlichkeit auf?
In einem Zeitraum von sagen wir zwei Jahren wird es so gut wie immer auch mal erwähnenswerte Rücksetzer von 5 bis 8% geben – der Markt „atmet“ also. Oder es läuft eine Weile seitwärts und die Kurse wollen irgendwie nicht richtig steigen. So mancher neu eingestiegene Anleger beginnt in solchen Phasen bereits zu zweifeln und fragte mich, ob er seine regelmäßigen Investitionen aussetzen solle. Jeder, der länger dabei ist, weiß, dass sich markante Kursrücksetzer rückblickend als sehr schöne Einstiegs-Chancen erweisen. „Hätte ich damals von drei Jahren nur gekauft“. Ich weiß nicht, wie häufig ich diesen Satz schon gehört hatte.
Dann gibt es noch das Crash-Szenario.
Jetzt tritt ein Crash mit den oben angesprochenen deutlichen Kursrückgängen ein. Angenommen, das passiert sechs Monate nach den ersten Investitions-Tranchen, und es war geplant das vorhandene Kapital von 100.000 Euro in einem Zeitraum von zwei Jahren zu investieren. Jetzt sind aus dem bereits investierten 25.000 Euro nur noch 12.5000 Euro als Depotwert übrig. Aber immerhin stehen jetzt noch 75.000 Euro für die anderen 18 Monate zur Verfügung. Das sind komplett andere Bedingungen als beim skizzierten Szenario der Einmalzahlung, selbst wenn ein Einsteiger in der Realität vor lauter Respekt vor einem solchen Kursrückgang jetzt mit seinen weiteren Einzahlungen pausiert.
Fazit
Die Finanzkrise ist mittlerweile fast zehn Jahre her. In den letzten Jahren haben auch viele neue (junge) Leute den Aktienmarkt für sich entdeckt und kennen fast nur die Schokoladenseiten. Abgesehen von 2011 (Eurokrise, ebenfalls schon wieder sechs Jahre her) und Sommer 2015 bis Februar 2016, zog der Aktienmarkt an. Ein wirklich beeindruckender Bullenmarkt und daher mag es naheliegend sein, einem Einsteiger zu raten, sein Kapital komplett sofort zu investieren. So ist dies teilweise in Foren oder in den sozialen Medien von Leuten zu lesen, die erst seit relativ kurzer Zeit investiert haben.
Mein Rat (und der von etlichen anderen Aktionären, die mindestens die Finanzkrise mit größeren investierten Geldern erlebt hatten) ist dies nicht. Die Gründe habe ich oben unter „Einmalzahlung“ ausführlich genannt. Mag es mathematisch tatsächlich sinnvoller sein, der Mensch ist ein Wesen aus Emotionen, und die Verlustangst ist eine sehr starke Emotion, die sich in der Theorie bei einem angenehmen Umfeld ohne Probleme klein reden lässt.
Wer heute überhaupt keine größeren Geldsummen verfügbar hat und via regelmäßiger Sparpläne investiert, fragt sich gerade sowieso, warum ich diesen Artikel verfasst habe.
Falls Ihnen Aktien noch suspekt sind oder Sie noch Zweifel haben, wie Sie die ersten Schritte machen können, dann habe ich eine gute Nachricht.
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Beide Angebote sind wirklich für Einsteiger vorgesehen, wer sich bereits eine Weile mit der Börse beschäftigt hat, wird hier vieles schon kennen.
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Hallo Lars,
Ich habe vor 2 Monaten meine gesammten Dividenden-Aktien verkauft, da ich aus zeitlichen Gründen da nicht immer draufschauen kann. Und habe alles in reine Aktien-Etfs gesteckt.
Habe alles sofort investiert und nicht in Tranchen, da ich mein Kapital nicht sinnlos rumliegen lassen wollte. Und ich wollte eben wieder einfach ein volles Depot haben.
Aber einem absolutem Anfänger würde ich das so nicht empfehlen. Da denke ich wie du, das Tranchen sinnvoller sind. Und wer Geld geerbt hat oder so, sollte eh nicht alles in Aktien stecken.
Das ist ein Sonderfall, weil Du Aktien gegen Aktien-ETFs getauscht hat. Abgesehen von Gebühren und Steuern für Gewinne bedeutet dies keine große Änderung Deines investierten Geldes. Nur, dass Du ab Zeitpunkt des Kaufs der ETFs eben keine Gewinne mehr im Depot hast (die sind ja frisch investiert).