Elf Jahre Aktienhausse – sollte man jetzt Aktien verkaufen?

Von kurzen Zeiträumen abgesehen befindet sich der Aktienmarkt seit nunmehr fast 11 Jahre in einer Hausse. In dieser Zeit haben sich breite Aktienindizes mehr als verdreifacht. Allein das Jahr 2019 sorgte bei den Welt-Aktien-Indizes für eine Gesamtperformance von rund 30%. Seit Oktober 2019 erreicht der marktbreite US-Aktienindex S&P 500 beinahe täglich neue Allzeithochs, und einige Aktiencharts weisen einen ziemlich steilen Aufwärtstrend auf.

So ist es kein Wunder, dass immer mehr Anleger die Frage stellen, ob es nicht an der Zeit wäre, zumindest einen Teil der Aktien zu verkaufen? Denn nach einer starken Hausse droht latent das Risiko einer ausgedehnten Korrektur mit längere Zeit stagnierenden oder gar fallenden Aktienkursen.

Ob – und falls ja – du jetzt Aktien und Aktien-ETF teilweise verkaufen solltest, erläutere ich in diesem Artikel.

Trends können länger andauern als sich dies viele Menschen vorstellen können.

Zunächst einmal die Feststellung, dass in vielen Regionen der Welt ein Aufwärtstrend bei Aktien zu diagnostizieren ist. Nach der letzten knackigen Korrektur im vierten Quartal 2018, hat der Aufwärtstrend bei einigen Aktien früher, bei anderen erst im Herbst 2019 (z.B. auch China) wieder an Fahrt aufgenommen.

Die übergeordneten Trends sind absolut intakt und damit ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich der aktuelle Trend fortsetzt. Grundsätzlich würde ich mich als Marktakteur in den allermeisten Fällen nicht gegen einen starken Trend stellen. Viele, die im Herbst und Winter 2019 versucht haben den Markt zu shorten (also auf fallenden Kurse oder zumindest größeren Korrekturen zu setzen), haben einiges an Geld verloren. Andere waren gar nicht erst im Aktienmarkt investiert und durften zuschauen, wie die Kurse Woche für Woche höher stiegen.

sollte man jetzt Aktien verkaufen? - Chart des S&P 500

Der Wochenchart des S&P 500 von Herbst 2018 bis Winter 2019/2020 – Quelle: tradingview.com

Dennoch wird irgendwann der Zeitpunkt kommen, bei dem der Trend eine ausgeprägte Korrektur durchläuft oder sogar umkehrt zu einem Abwärtstrend. Vor allem im zweiten Fall könnte es mitunter Jahre dauern bis wir wieder die aktuellen Höchststände erreicht haben. Daher ist die Frage, wie man als Anleger mit seinen Aktien und Aktien-ETF umgeht, durchaus berechtigt.

Ist es sinnvoll jetzt Aktien-ETF zu verkaufen?

Regionale oder globale Aktien-ETF bieten eine gute Diversifizierung und haben im Standardfall einen Anlagehorizont von vielen Jahren, teilweise Jahrzehnten. Im Gegensatz zu Aktien macht hier das vielzitierte buy-and-hold noch am meisten Sinn.

Falls du einen Aktien-ETF sowieso schon auf der Verkaufsliste hattest oder du das Geld innerhalb der nächsten Jahre benötigst, dann wäre jetzt eine Gelegenheit zum Verkauf oder Teilverkauf. Alternativ setzt du eine Trailing Stop-Loss-Order recht dicht an den aktuellen Kurs. Diese wird bei weiter steigenden Kurs mit einem gewissen Abstand zum Kurswert automatisch nachgezogen.

Entweder du wirst bei schon kleinen Rücksetzern ausgestoppt oder im Fall weiter steigender Kurse zieht die Verkaufsorder automatisch hinterher und du lässt den Markt entscheiden, wann du aussteigst.

In allen anderen Fällen würde ich bei Aktien-ETF derzeit (fast) nichts machen, außer ein Rebalancing, auf das ich weiter unten zu sprechen komme.

Wann sollten Aktien verkauft werden?

Bei einzelnen Aktien sehe ich die Angelegenheit etwas differenzierter. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung stufe ich einzelne Aktien nicht als uneingeschränktes „buy and hold“ – Investment ein, wie z.B. ein globalen Aktien-ETF. Denn jedes Unternehmen hat eine Wachstumsphase, dann eine Reifephase, in der der Höhepunkt des wirtschaftlichen Erfolgs stattfindet, und anschließend eine Phase, in der das Unternehmen von Wettbewerbern überholt wird und mehr oder weniger schnell zurückfällt.

Im letzten Jahrhundert gab es recht viele Traditionsunternehmen, die über viele Jahre hinweg eine dominierende Stellung in der Wirtschaft einnahmen. Spätestens im heutigen Informationszeitalter sind auch die Lebenszyklen von Unternehmen kürzer. So beträgt die mittlere Verweildauer eines US-Unternehmens im marktbreiten S&P 500 nur etwas über 20 Jahre. Danach wird es durch andere Firmen ersetzt, weil die Bedingungen für die Aufnahme in diesen begehrten Index nicht mehr gegeben sind.

Dass selbst einstige Weltmarktführer binnen weniger Jahre in die Zweit- oder Drittklassigkeit zurückfallen (zumindest von der Unternehmensgröße und vom Wachstumstempo her) haben wir mit Nokia, IBM oder der Deutschen Bank an nur drei prominenten Beispielen gesehen. Denn nicht nur das Unternehmen selbst kann durch Wettbewerber überholt werden, sondern auch die Branche selbst kann an Bedeutung verlieren.

sollte man jetzt Aktien verkaufen? - Nokia Aktie

Die Aktie des ursprünglichen Weltmarktführers für Handys Nokia ist seit dem Höchststand um deutlich über 90% des ursprünglichen Kurswertes zurückgefallen. Quelle: comdirect.de

Persönlich nutze ich Aktien zum längerfristigen Investieren (einige Jahre), zur Trendfolge (Monate bis wenige Jahre) und zum kurzfristigen Swing- oder Positionstrading (Tage, wenige Wochen, sowohl long als auch short).

Den dritten Part möchte ich hier nicht betrachten. Beim zweiten Part der Trendfolge steige ich aus, sobald der Aufwärtstrend nicht nur unterbrochen, sondern beendet ist. Solange der Trend andauert. bleibe ich in dieser Position investiert. Hier ist der Fall klar, denn in einem Crash oder starken Bärenmarkt habe ich so gut wie keine Trendaktien im Depot.

Der erste Part, das längerfristige Investieren in einzelnen (Qualitäts-)Aktien dürfte die meisten Leser interessieren.
Falls es hier Aktien gibt, die du heute nicht mehr kaufen würdest oder die du potentiell auf deiner Verkaufsliste hast, dann ist die derzeitige Situation dazu geeignet, um dich von solchen Aktien zu trennen.

Bei Aktien, deren langfristige Aussichten du als positiv einschätzt, könntest du bei sehr starken vorherigen Anstiegen über Teilverkäufe nachdenken. Zum Beispiel ein Drittel verkaufen und zwei Drittel behältst du. Alternativ eines sofortigen Verkaufs kannst du auch die bei den Aktien-ETF vorgeschlagenen Variante eines Trailing-Stops einsetzen.

Solltest du hingegen Aktien zur regelmäßigen Ertragsverwendung (z.B. REITs, BCD’s, Qualitätsaktien, die noch wachsen, Dividenden-Aristokraten u.ä.) nutzt, dann brauchst du hier auch gar nichts weiter machen, sofern du diese Aktien grundsätzlich auch zukünftig weiterhin behalten möchtest.

Wie die Asset Allocation verändern, wenn bereits ein größeres Vermögensportfolio besteht?

Solltest du ein Portfolio aus mehreren Anlageklassen besitzen, dann kann bei stark gestiegenen Aktienkursen ein Rebalancing Sinn machen. Falls du regelmäßig frisches Geld in die von dir ausgewählten Anlageklassen einbringst, dann kannst du derzeit die Anlageklasse Aktien auslassen. Vielleicht würde in dieser Situation einfach ausreichen die Anlageklasse Liquidität mit den frischen Geldern zu erhöhen (dadurch verringert sich ja schon die Anlageklasse Aktien am Gesamt-Portfolio.

Sollte kein frisches Geld in dein Vermögensportfolio fließen, dann könnte der Erlös aus der Anlageklasse Aktien in andere Anlageklassen fließen.

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1 Antwort

  1. Immo Fan sagt:

    Ich behalte meine Pakete auf jeden Fall. Habe sie günstig gekauft und die Dividenden sind entsprechend hoch. Bei den hohen Ständen sehe ich aber auch, dass man neue Gelder vielleicht anders investiert. Vielleicht mal in Anlageobjekte wie Immobilien gehen oder auch ein wenig in P2P.

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