Welcher Aktien-Index ist jetzt eigentlich aussagekräftig?
Seit dem Aktiencrash im März 2020 gibt es sehr viele Meinungen zur weiteren Entwicklung der Wirtschaft und zum Aktienmarkt. Zu ungewiss sind noch die Folgewirkungen der Pandemie-Maßnahmen der meisten Länder zur Eindämmung des COVID-19 Virus. So werden einige Branchen selbst in den kommenden Monaten nicht zum gewohnten Umsatz des Jahres 2019 und davor zurückkehren. Andere hingegen werden neue Chancen nutzen und können als Profiteur aus der derzeitigen Situation hervorgehen. Je nachdem, worauf jemand seinen Fokus legt, sieht er positiver oder negativer in die Zukunft.
Um das einmal graphisch darzustellen, wird von einer V-, U-, W- oder L-förmigen Entwicklung gesprochen – je nachdem wie anschließend der Aktienchart aussehen dürfte. Zwar gab es es in den zurückliegenden Wochen bereits eine deutliche Erholungsrally, allerdings fiel diese ziemlich differenziert aus.
Schon allein die Auswahl des richtigen Aktien-Index, um seine Meinung zu untermauern, fällt daher in diesen Wochen schwer.
EuroStoxx 50
Beginnen möchte ich mit dem Aktienindex der Eurozone, nämlich den EuroStoxx 50, in dem die größten Unternehmen der Eurozone enthalten sind.
In diesem Index fiel die Erholungsrally eher bescheiden aus. Zwar konnte dieser Index zwischenzeitlich fast 50% des Kursverlustes im Crash wettmachen, aber derzeit sind weniger als 40% wieder aufgeholt worden. Die Kursentwicklung erinnert rein optisch eher an ein L.
Haben also haben die Befürworter einer L-förmigen Entwicklung des Aktienmarktes Recht gehabt?
Nasdaq 100
Blicken wir als nächstes auf einen anderen Index, und zwar den Nasdaq 100. In diesem US-Index sind viele Technologie-Firmen enthalten.
In diesem Index ging die Erholung wesentlich weiter und der Nasdaq 100 konnte bereits über 70% des Kursrückgangs im März wieder egalisieren. Hier verläuft der rechte Schenkel in der Abbildung sehr viel steiler noch oben und erinnert an ein V.
Nimmt man nun noch breiter aufgestellte Indizes zur Beurteilung der Art und Weise der Kursentwicklung nach dem Aktiencrash heran, wie zum Beispiel den US-Index S&P 500 oder MSCI World bzw. MSCI ACWI, dann liegen diese beiden Indizes irgendwo zwischen EuroStoxx 50 und Nasdaq 100.
Insofern hat fast jeder aus seiner persönlichen Betrachtungsweise Recht, bzw. wird den dazu passenden Index finden. Nicht vergessen werden sollte, dass auch noch W-Formationen auftreten könnten, also ein erneute deutlicher Rückgang, bevor anschließend die finale Aufwärtsbewegung einsetzt. Entweder mit der positiven Variante, dass das neue rechte Tief höher als das Märztief liegt oder aber, die pessimistische Variante, dass noch niedrigere Tiefs als im März 2020 auftreten könnten.
Über die Hintergründe der teilweise schon deutlichen Diskrepanzen zwischen einigen Indizes bin ich in den letzten Artikeln Die Welt nach der Coronavirus-Krise wird eine andere sein – mit vielen Chancen! und Der Aktienmarkt als Blick in die Zukunft näher eingegangen.
Hier in diesem Beispiel wurde ein Index mit vergleichsweise wenig Technologie-Unternehmen (EuroStoxx 50) einem mit eher vielen solcher Aktien gegenübergestellt.
Wir sind gerade Zeugen eines enormen Entwicklungsschubes der Digitalisierung, die in sämtliche Bereich unseres Lebens immer mehr vordringt. So werden unter dem breit gefassten Begriff von „Technologie-Aktien“ diese Titel vom Kapitalmarkt stärker gekauft als viele Geschäftsmodelle der „Old Economy“.
Unterschiede sollten auch Anlegern zu denken geben
Wer in Aktien-ETF investiert, wird mit dem Kauf des „breiten Marktes“ langfristige keine größeren Fehler machen, zumal sich erfolgreiche Unternehmen in solchen ETF von der Gewichtung her immer stärker bemerkbar machen. Was ich aber derzeit nicht empfehlen kann, ist das reine reine Aufkaufen von Aktien, die bislang noch nicht weit von ihren Tiefpunkten im März entfernt sind oder, die trotz schwacher Kursentwicklung eine scheinbar hohe Dividendenrendite aufweisen. Spätestens das Beispiel von der Dividendenkürzung bei Royal Dutch Shell sollten aufhorchen lassen, wobei zuvor ja schon weitere Unternehmen ihre Dividenden gekürzt oder gestrichen haben.
Auch bei reinen Dividenden-ETF würde ich mir vorher genauer anschauen, was in den ETF drinsteckt. Sonst besteht die Gefahr einer deutlichen Underperformance gegenüber dem Gesamtmarkt und erst recht gegenüber Aktien mit modernen Geschäftsmodellen zu riskieren. Mehr dazu hatte ich in den beiden weiter oben verlinkten Blog-Artikeln geschrieben.
Welche weitere Entwicklung des Aktienmarktes erwartest du? Eher ein L oder ein V oder ganz etwas anderes?
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Tolle Zusammenstellung! Den StoxxEurope (kontinental Europa, also mit CH, GB und Ostblock) findet man leider nur noch selten.